0%
 
Detailbild Abi '89 - Aufbruch im Umbruch
Mi, 02.10.2024 | 20:15-21:15 | 3sat

Abi '89 - Aufbruch im Umbruch

Sommer 1989: Der Mauerfall steht kurz bevor. Erich Honeckers letzter Abijahrgang startet ins Erwachsenenleben und erfährt den kollektiven Bruch, der alle Ostdeutschen bis heute prägt. Luckenwalde, Brandenburg: Dort treffen sich 35 Jahre nach dem Mauerfall Abiturientinnen und Abiturienten der ehemaligen Lenin-Oberschule, dem heutigen Friedrich-Gymnasium. Sie reflektieren über ihr Leben und ihren Werdegang mit einer Jugend in der DDR. "Abi '89" bedeutet für sie Aufbruch im Umbruch. Gerade noch die Elite der Stadt _ nur cirka 40 Schülerinnen und Schüler wurden zum Abitur zugelassen _ werden sie aus den verschiedensten Perspektiven zu Teilnehmerinnen und Teilnehmern der größten friedlichen Revolution in der Geschichte Europas. Jeder und jede von ihnen hat einen ganz eigenen Blick auf diese doppelt prägende Zeit und das Aufwachsen in der DDR. Johanna erlebt ihre Kindheit in Luckenwalde als behütet und schön. Sicherheit und Geborgenheit prägen ihr Umfeld, bestärkt durch die Kinder- und Jugendorganisationen der DDR. Sie geben Raum für Gemeinschaft, aber auch die geistige Grundlage für den kommunistischen "Klassenkampf", den viele Heranwachsende zunächst nicht infrage stellten. Britt träumt 1989 von einem Germanistikstudium. Von Parteifunktionären als zu rebellisch und pro-westlich verortet, bleibt ihr dieser Traum in der DDR verwehrt. Sie flieht über Prag nach Bamberg, wo sie bereits im Oktober 1989 das Studium aufnimmt. Sie hat einen überraschenden Blick auf den Mauerfall. Mitschüler Marco steht als Offiziersschüler der DDR am Bahnhofsvorplatz in Dresden, während Britts Zug gen Westen fährt. Marco soll "konterrevolutionäre Kräfte" vom Bahnhof fernhalten. In dem 19-jährigen, systemtreuen Polizeianwärter, wachsen Zweifel, ob er auf der richtigen Seite steht. Ab 1990 verteidigt er das Rechtssystem der BRD, ist heute Polizist in Potsdam. Pfarrerstochter Angelika kennt die Schattenseiten des DDR-Systems aus dem täglichen Leben. Über Ihren Vater erlebt Angelika Freiheit als ein großes, aber den Kommunismus gefährdendes Gut. Kirche ist in der DDR auch Schutzzone und Fluchtort für Andersdenkende und wird so zum Quell und Multiplikator der Widerstandsbewegung. Sportlerin Silke wird vom System der DDR umgarnt. Bereits in Grundschulen wird gezielt nach Sporttalenten gesucht, die der DDR internationale Erfolge liefern könnten. Silke zählt dazu. Im Sportinternat in Potsdam genießt sie Privilegien. Sie wird mit Sportkleidung (aus dem Westen) ausgestattet, hat Zugang zu Südfrüchten und anderen Extras, die im Arbeiter-und-Bauern-Staat sonst wenig verfügbar waren. Bevor sie ins Dopingprogramm starten muss, wird sie "ausgemustert" _ sie entspricht nicht mehr den Normen des DDR-Sportförderprogramms. Alexander ist in der 7. Klasse noch ein Mitschüler von allen. Doch er erlebt die Wende schon von der anderen Seite der Mauer. 1981 flieht sein Vater. Als Schiffsarzt geht er im Westen von Bord. Alexander, seine Mutter und sein Bruder bleiben im Osten zurück, wo sie mit dem Berufsverbot der Mutter, Enteignung und häufigen Stasibefragungen konfrontiert sind. Seiner Mutter gelingt es, die Kindheit ihrer Söhne vor der Stasi zu beschützen. 1983 wird die Ausreise gestattet _ nach über zwei Jahren ist die Familie endlich vereint. Heute lebt Alexander in England und ist lieber vom Meer als von einer Mauer umgeben.

10.61.5.115