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Detailbild Yoga - Lifestyle mit Nebenwirkungen
Mi, 03.07.2024 | 20:15-21:05 | 3sat

Yoga - Lifestyle mit Nebenwirkungen

Immer mehr Menschen machen Yoga. Das soll nicht nur Körper und Geist stärken, die indische Bewegungslehre ist auch Lifestyle und Milliardengeschäft _ mit positiven wie negativen Wirkungen. Die Dokumentation beleuchtet die unterschiedlichsten Facetten von Gesundheit bis zur Lebenskultur und räumt mit Mythen der Yogawelt auf: Was ist Yoga, und wer profitiert davon? Und warum kommt es in der Szene auch zu Missbrauch? Ob sportlich oder sanft, ob mit oder ohne Spiritualität, ob auf Bergen, mit Ziegen oder in der Disco _ die Vielfalt der Yoga-Angebote ist enorm. Unzählige Studien belegen positive Effekte. Doch wie gesund ist die Praxis wirklich? Yoga, das sind "Asanas", also spezielle Körperhaltungen, Atemübungen und Meditation. Über die Entstehungsgeschichte ranken sich viele Mythen. Erstmals erwähnt wurde Yoga in indischen Schriften vor 3500 Jahren. Die körperbetonte Form entstand zu Zeit des Kolonialismus, als westliche Gymnastik auf die spirituelle Praxis traf. Mitte des 20. Jahrhunderts verbreiteten "Gurus" aus Indien Yoga im Westen und gründeten Zentren in den USA und Europa. Das "Sivananda Zentrum" zählt zu diesen Gemeinschaften der "ersten Stunde". Dort wird Yoga spirituell gelebt. Mantra-Singen für den Weltfrieden ist ein Teil des gemeinsamen Übens. Die Lehrenden tragen spirituelle Namen, wie etwa Jonas Müller: Er heißt "Swami Sivadasananda". Seit 1980 ist er bei Sivananda und heute Vorstandsmitglied in der globalen Organisation. Ganz anders ist die Welt von Marcel Clementi, dem Yoga-Influencer aus Österreich. Er organisiert Festivals, betreibt den Podcast "Good Vibes" und bietet eine Yogalehrer-Ausbildung an. Für ihn ist Yoga eine gute Basis für ein achtsames Leben. Trotzdem brauche es gezieltes Marketing, um erfolgreich zu sein, so sagt er, denn die Konkurrenz sei groß. Das Geschäft mit der Achtsamkeit floriert _ von sexy Outfits bis zur umweltfreundlichen Matte. Yoga-Accessoires sind sogar in Buchgeschäften oder Drogeriemärkten erhältlich. Die Britin Nadia Gilani steht dem Yoga-Boom kritisch gegenüber. Die Praxis gleiche einem Leistungssport für junge, elastische, weibliche Körper ohne Geldsorgen. Vor beeindruckenden Landschaften spektakuläre Posen einzunehmen, sei einschüchternd und ausgrenzend. Die Londonerin mit pakistanischen Wurzeln praktiziert seit über 20 Jahren Yoga und plädiert für eine "Yoga-Revolution". Yoga brauche mehr Respekt gegenüber seinen Wurzeln und müsse für alle offen sein, unabhängig vom finanziellen und sozialen Hintergrund. Von der Stärkung der Gelenke über die Linderung chronischer Schmerzen bis hin zur Stabilisierung der seelischen Befindlichkeit: Zahlreiche Studien belegen die positive gesundheitliche Wirkung von Yoga. Allgemeingültige Aussagen zu treffen sei dennoch schwierig, so Deutschlands "Yoga-Professor" Holger Cramer, tätig am "Bosch Health Campus" in Stuttgart und an der Universität Tübingen. "Was genau 'Yoga' ist, ist schwer zu sagen. Sich nach Yoga besser zu fühlen, kann viele Gründe haben. Dazu zählen Körperübungen, Atemtechniken, Entspannung oder das Gruppenerlebnis." Dr. Judith Schäfer, Orthopädin und Yogatherapeutin, sieht auch Gefahren bei manchen Übungen, wie lang gehaltenen Vorbeugen. Dennoch ist sie überzeugt, dass, richtig angewendet, Yoga bereichernd wirke. Yoga als "Gesundheits-Allrounder" mit einem "Heile Welt"-Image zieht besonders Menschen an, die emotionale Sicherheit suchen. Doch selbst hier kommt es zu Missbrauchsfällen. Einige der großen Yoga-Meister stehen unter Verdacht, Studierende missbraucht zu haben. Ein Schock für Nadia Gilani, denn auch der Erfinder ihres Yoga-Stils ist unter den Verdächtigen. Noch mehr schockiert hat sie aber das Schweigen und das Wegsehen der Yoga-Gemeinschaft. Vom Influencer bis zur spirituellen Gemeinschaft, Yoga wird auf unterschiedlichste Weise gelebt. Doch in einem scheinen sich alle einig zu sein: Yoga wirkt.

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