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Fr, 28.06.2024 | 11:05-11:25 | Ö1

Radiogeschichten Spezial

In "Überwachen und Strafen", erschienen 1975, beschäftigt sich der französische Philosoph Michel Foucault (1926 -1984) mit der Frage, weshalb das Gefängnis im 19. Jahrhundert in kurzer Zeit zur zentralen Strafinstitution wird, obwohl ihm davor nur eine marginale Rolle "im System der Strafen" zukam. Foucault führt dies auf neue Theorien des Rechts und des Verbrechens zurück, die ein bislang unvorstellbares Überwachungs- und Disziplinierungssystem ermöglichten. Am Beispiel des von Jeremy Bentham 1787 vorgeschlagenen "Panopticon", das Modell für Gefängnisse, Fabriken, Krankenhäuser oder Schulen sein sollte, zeigt Foucault, wie sich die neuen Machttechniken auch architektonisch materialisieren. "Bentham", so Foucault, "hat das Prinzip aufgestellt, dass die Macht sichtbar, aber uneinsehbar sein muss. Die Perfektion der Macht vermag ihre tatsächliche Ausübung überflüssig zu machen. Macht wird automatisiert und entindividualisiert". Die moderne Gesellschaft sei eine "Disziplinargesellschaft", so Foucault. Der immer stärker werdenden Kontrolle der Normalität entspricht die Normalität der Kontrolle.

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